Benebelt für Monate


Hier stehe ich und schüttle mich. Es ist kalt. Kalt und feucht. Nur minus 2 Grad zeigt die kleine verrostete Wetterstation an der Wand des DB Servicebüros an. Hier schüttle ich mich am liebsten. Wie fast jeden Montag Wintermorgen. Es ist 06:00 Uhr und ich froste auf Bahnsteig 3/4 eines Hamburger ICE Bahnhofs vor mir hin. Gelber Nebel zieht sich gespenstisch zwischen den Signalen wie Zuckerwatte aus Eis entlang.


Meine Biofunktionen versuchen, die Körpertemperatur bei wenigstens 34 Grad zu stabilisieren. Das geht nicht mit halbherzigem Zittern. So etwas geht nur mit heftigem Schütteln. Und so schüttle ich mich wie ein Straßenbau-Rüttler den langen Bahnsteig rauf und runter. Ich habe keine Brille auf. Darum gesellt sich zum Morgennebel noch der Schleier von zwei mal zwei Dioptrien. Wie das Opossum Heidi durchschwimmt mein Blick die vor mir liegende Schleierwand. Um Euch ein realistisches Bild von der Welt zu geben, wie ich sie im Augenblick sehe, stelle ich meine kleine Fotokamera absichtlich auf unscharf.
              Ich muss dringend zum Optiker...
 
Beim Auslösen gucke ich auf meine nackten und geröteten Finger und denke an die letzten geschätzte 63 Handschuhpaare, die ich in den letzten Jahren in den Zügen der DB liegen gelassen habe. Mittlerweile müssten rechnerisch in jedem 10ten Zug meine Handschuhe liegen. Hier und heute vermisse ich sie.
Aber nicht mehr lange! Am 19. März werde ich mich vorerst das letzte Mal hier an diesem leeren und lebensfeindlich benebelten Ort schütteln und rütteln und mir den Hamburger Gefrierbrand des Jahres holen.
Denn…

…nur 24 Stunden später, am 20ten März 2012 um 06:14 Uhr haben wir Frühlingsanfang. Sogar die, die in Hamburg wohnen, haben den.

Ich vertraue darauf und fasse den Entschluss, mich noch mal den Bahnsteig entlang zu schütteln. Ich vermisse den Frühling wie den jetzt um 15 Minuten verspäteten Triebzug. Bis denn, ihr zwei…
 
 Ein Zug hält um diese Zeit nur für mich! 

  *18 Minuten später...*
Wenn er denn mal irgendwann kommt...

Das erste Mal für Geld


...hab ich es getan!
Und da seid Ihr dran Schuld! Alle!!!
Jaaaha, ALLE Leseratten, welche sich hier vereinigt haben. Und warum? Na weil Ihr alle so fleißig mitlest. Deshalb ist mein Blog aufgefallen. Und weil der so aufgefallen ist, hat man mich nach hinter Bonn eingeladen. Dort hat mich doch tatsächlich der Manager eines Restaurants für einen ganzen Abend engagiert, damit ich Geschichten aus Eli´s Gedankenpupswelt zum Besten gebe.
Einen Tag später hatte ich dann noch einen Auftritt bei einem so genannten Künstler – Brunch in Bonn. Dort versammeln sich Profi- wie auch Hobbykünstler verschiedenster Kategorien (Maler, Bildhauer, Musiker), um ihre Werke zu präsentieren. Nebenbei können sich die Gäste nach Lust und Laune an einem reichhaltigen Buffet bedienen.
Gemanagt wurde dieser bunte Reigen von meiner lieben Leserin Susanne (klick), die selbst mit ihren traumhaften Bildern immer wieder begeistert.

Ich bedanke mich ganz lieb bei Euch allen und besonders bei Susanne, die mich zu diesen beiden Lesungen überredet und mir den nötigen Mut zugesprochen hat, vor insgesamt über 100 Zuhörern meine Ausgeburten zu präsentieren!

Ergo ein super spannendes und spaßiges Wochenende, zu dem man nicht mehr viel sagen muss. Deshalb zum heutigen Samstag nicht so viel Worte sondern ein paar Bildimpressionen zu den beiden Lesungen mit einem Ausschnitt der Bonner Tageszeitung im Gefolge…
(Sorry für die schlechte Quali der Fotos. Ich wirke etwas verschwommen, *hicks) 

Impressionen vom ersten Auftritt meines Lebens 
während eines 5 Gänge-Gourmet Abends 
in einem Restaurant vor 52 Gästen...
   
Auf einem ein Meter hohen Podest wurde ein echter Strandkorb installiert...
"Meine Bühne" beim 4stündigen Gourmet Abend 
  

Natürlich wurde auch das Publikum aktiv mit einbezogen... 

 
Die Bonner Presse steht Kopf und überschlägt sich  ;-)


Am nächsten Tag in Bonn beim Künstler-Brunch...
 In Bonn kommt Technik ins Spiel. Mit Mikrofon 
und einem Beamer bewaffnet gehts los...

Der Kerzenständer ist meiner einer.  
(NanuNana für 19,00 Euro)
Bringt ganz schön viel Mystik ins Spiel, wa?! 

Meeeeeine Bühne!!! :-))) 
Aus der Entfernung sieht man meine Angst nicht

The last picture... 
Eine Stunde später gings wieder 
ins idyllische Hannover
Tschüss liebe Bonner! Es war toll bei Euch!!!!


Kontrollverlust in Tüten


Wieder geht’s auf Einkaufstour. Ziel meiner Begierde sind die Billigsuppen-Regale mit Würstchenimitat beim nächstgelegenen Billigdiscounter. Zu Fuß erreiche ich den Laden der zweihundert Erdsprachen in schlappen 12 Minuten. Ich habe ganz klare Vorstellungen darüber, was ich wirklich benötige und nehme mir vor, von diesem Plan auf keinen Fall abzuweichen.
Ich gehe mein Einkaufzettelchen durch und rechne mit Ausgaben von max. 6,50 Euro. Linsensuppe, Feuerbohneneintopf, Erbsensuppe, Bockwürstchen und ein Brot. Nicht mehr und nicht weniger soll es sein.
Nach einer Stunde habe ich die Kontrolle über mich selbst und den Inhalt des metallenen Einkaufswagens verloren, dem bereits die Laufrollen quer stehen. 
Naschereien, Knabbereien, Schlabbereien. Dazu Cola für ne Woche und andere unnötige Dinge treiben den Kassenstand in den 3stelligen Bereich. 
Geschätzte vierzig Kilo Warenwunder bauen sich auf dem Transportband der Kasse auf, welches in seinen Eingeweiden gefährlich rappelt und zappelt.

Ohne Worte...

Ich presse den Einkauf in die Einkaufstüten und trete ins Freie. Erst jetzt kommt mir eine nicht ganz unwichtige Eingebung:

„Eli, Du bist NICHT mit dem Auto, sondern zu Fuß da!“

Ach du heiliger Literpott! Ich bepacke mich mit den schweren Plastikutensilien wie ein indischer Lastenelefant. Nur 1 Kilometer bis nach Hause. Nur ein einziger, winziger Kilometer. Aber ich werde ihn nie vergessen. Niemals…

Freude über Award

So, nu mal zur Abwechsulng keine Geschichte. Keine Story und kein neues Missgeschick. 
Nein! Diesmal habe ich Euch etwas gaaaanz anderes mitgebracht. 
Nähmlich...
Einen Award, der mir verliehen wurde.

Beim KLICK gehts zu Yvi´s tollem Blog


Ich freue mich sehr über das hübsche Ding und werde ihn in meine rechte Side-Board-Vitrine stellen.
Liebe Yvi, vielen Dank für die schöne Geste! 

Im Männerland

Ich muss mal wieder entspannen. Abschalten. Mich von den täglichen Sorgen befreien. Wo geht das besser als im Baumarkt. Die Männer-Wunderland Biotope OBI, Hornbach, Praktiker und Co. warten für den Seelenfrieden mit allem auf, was das meist männliche Heimwerkerherz begehrt.
Wie ein Hobbit auf der Suche nach Mittelerde fräse ich mich zusammen mit dem Raketen Renault durch die Baustellen und Umleitungen unbeirrt Richtung „Jippi ja ja jippi jippi jäi“
Nach 15 Minuten ist es geschafft. Hornbach flutet sein orange/weißes Werbeflutlicht über den dunklen Himmel von Hannover. Nur für wen? Es ist 18:00 Uhr und der Parkplatz ist mein.
Nein, ich habe ihn nicht gekauft. Ich bin tatsächlich der Einzige, der auf dem 2000parkbuchtengroßen Parkplatz steht. Auch im Innenbereich des Schrauberladens sieht es nicht anders aus. Nur ich, Frau Hornbach an der Kasse und die zweitausend Flutlichtbrenner, die das Auto bräunen.

Ganz allein unter der Sonne Hornbachs. 
Der Renault Megane lässt die Hüllen fallen 
und bräunt sich...

Ich taste mich weiter in das Eldorado vor und mir tanzt die Beantwortung der Frage nach dem WARUM ich hier der Einzige bin, wie eine Haarschuppe vor den Augen. Der Weihnachtswarenverkauf hat begonnen. Überall Glitzerkugeln und Rentiermarschmusik um mich herum.
Natürlich bleiben Muckel-Männer solchen Glitzerbiotopen fern. Nur Alice im Wunderland würde sich in dem Geisterladen wohlfühlen. Nichts gegen Weihnachten. Aber Anfang November in meinem Muckelladen ist mir das zu früh! Und wie man sieht, den anderen „do it yourself – (mach es dir selbst?) Männern auch.
Ich trete derweil die Flucht an und werde meine Einkäufe nach Weihnachten, aber noch weit vor Ostern tätigen. Bis dann, Frau Hornbach…

Erfolgreich Abnehmen mit Einlauf


Vor vielen, vielen Jahren ward es ein Eli, der mit seinen 64 Kilo sehr sportlich durch die Lande hüpfte. Und er hüpfte und hüpfte und machte Sport. Seeeehr viel Sport.

Ssspppriiiiiing…
Hüüüüüpffff…
Spppprrrrrriiiiiinkaaaaa…
Hupfa hupfa… 
Und hüpf...

Bis er eine Tages Bekanntschaft mit der bösen Bier- und Cholesterinfee machte und das Verhältnis der zugeführten bösen Fette zu den abgegebenen guten Fetten in Unordnung geriet. Deshalb entschied sich der einst sportliche Eli viel mehr Cholesterin abzugeben. Seit dieser Zeit ging er sehr viel häufiger auf das stille Örtchen. Aber so viel er auch drückte und drückte und stöhnte und stöhnte, die Cholesteri wollte einfach nicht von seinem Körper weichen.
Vor drei Jahren besuchte ihn dann die gute Unfallfee und befreite Eli vom Fluch der bösen Fett- und Cholesterinfee .
So ließ sie ihn im Hausflur stolpern und im Krankenhaus aufwachen. In diesem Haus bekam Eli nämlich nur tausend Kalorien pro Tag. Seitdem nahm Eli ständig ab. Von 100 Kilo auf 90 Kilo. Und von 90 Kilo auf 87 Kilo. Da der Stolperfluch an Einfluss abnahm, besuchte ihn nun die supernette Schweinegrippefee. Wie ein Dieselkanister im Osterfeuer verbrannte Eli bei über 40 Grad Innentemperatur noch die Restfette, bis er die 83 Kilo erlangte.
Nun konnte er wieder Laufen gehen. Ganz ohne Gefahr, dass seine Hüfte bei über fünf km/h aus den Kapselgelenken flog.
Und die Moral von der Geschicht: Vernünftig Abnehmen kannst Du nur durch anständige Krankheiten – am besten als Kassenpatient.

Nun sitze ich hier mit meinen 166 Pfund und knote meine abgewetzten Turnschuhe zu. Seit nun mehr zwei Jahren laufe ich wöchentlich wie ein gehetzter Wombard durch den angrenzenden Mischwald. Sogar den 10 Kilometerlauf absolvierte ich in Hannover unter einer Stunde, ohne böse Fouls an meinen 3000 Mitläufern zu verteilen. Ziel ist es, nächstes Jahr beim echten Marathon zu starten. 

Beim 10 Kilometerlauf sah ich bereits bei Kilometer acht aus,
als hätte ich Drogen genommen...
 
Ein selbstgemaltes Schild mit meiner Startnummer.
Das war eine Superüberraschung!
Vielen Dank Thodi und Kersi!!!

Für den echten Marathon muss ich mich die nächsten Monate noch vernünftig einlaufen. Und für diesen Einlauf spurte ich zum ixten Mal Richtung Waldweg und tauche in den Zauber der Natur ein. Es ist schon dunkel. Außerhalb des Waldes ist mir nicht aufgefallen, dass die Sonne bereits über Kanada ihre Runde dreht.
Eine Gruppe übereifriger Waldarbeiter hat große Teile meines Waldes abgeholzt. Überall Zweige, Äste und ganze Baumstümpfe, die kreuz und quer über meinem Laufweg verteilt sind. Der Wald sieht aus, als wären Teile eines Meteoriten auf ihn gestürzt. Überall haben sich tiefe, glitschige Krater von den Stützfüßen der schweren Baumfällmaschinen gebildet. Kein Vogel schwirrt durch die Äste. Kein Reh und kein Fuchs lassen sich sehen. Nur der Mikado-Wald und ich. Schöner Einlauf!
Nach ein paar Streck- und Dehnübungen, die den Bewegungen eines angeschossenen Gnus ähneln, beginne ich mit dem Training.

Die Umgebung wird immer farbloser und taucht nach nur wenigen Minuten in ein graues Dunkel. Die noch stehen gebliebenen Bäume knacken verdächtig in den Baumkronen und die Luft steht kalt zwischen den toten Stümpfen, die anklagend ihre gebrochenen Holz-Enden in die Höhe strecken. Ich laufe schneller. Irgendwo raschelt und knackt es laut in dem Geäst hinter mir. Ich fühle, wie sich links Seitenstiche einstellen.
„Falsch geatmet, mein Lieber“, geht es mir durch den Kopf und meine Lungen saugen quälend an dem Sauerstoff, der jetzt zäh wie Pudding durch die Luftröhre schießt.
Ein Greifvogel schreit in der Ferne. Ich vergesse einen Augenblick, zu atmen. Das Geräusch ist faszinierend und beängstigend zugleich. Eine kleine Gänsehaut zieht sich über meinen kaltverschwitzten Rücken.
Ich biege nun auf einen Pfad, der nicht breiter ist als eine Waschmaschinentür. Links und rechts klatschen gemeine Brennnesseln an meine nackten Beine. Feuchtkalte Blätter irgendeines wilden Strauches wischen mir wie Peitschenhiebe durch das angestrengte Gesicht.

„Mist! Verd… Supermist! Dreckiger Verda… Supermistdreck! Hätte ich doch meine Kopflampe mitgenommen!“, schimpfe ich laut mit mir selbst.

Ich bin so mit mir in Rage, dass mir die armdicke Wurzel entgeht, die sich quer über den Laufweg spannt. Im vollen Galopp erwische ich das hölzerne Ding und gelange mit dem rechte Fuß unter den Wurzelausleger.
Aha - nun beginnt der akrobatische Part meines Trainings“ geht es mir durch den Kopf, während ich wie eine Boden-Luft-Rakete die Wald-Startbahn verlasse. Die folgenden Bruchteile von Sekunden kommen mir vor wie Minuten. Mir ist weder das Landeterrain bekannt, noch erkenne ich auch nur irgendeine geeignete Landefläche.
Gleich einer Boing 737 schieße ich durch die Luft. Die Hände habe ich zu den Seiten wie Landeklappen ausgefahren als ich merke, dass ich bei diesem Flugwinkel erst mit dem Bug den Waldboden aufpflügen werde.
3, 2, 1,... Das Kinn gräbt eine kleine Schneise der Verwüstung durch vor mir erscheinende Ameisenstädte, Kakalakenbauten und Wurmhügelchen. Der gesamte Frontbereich schiebt sich wie ein leerer Wurstdarm über den Boden. Dabei füllt sich die Sprechluke mit dem Brei aller vorhandenen Waldboden-Zerealien. 

Nun erst setzt der hintere Teil auf. Auf dem glitschigen Boden bleiben mir weitere Blessuren wie Abschürfungen erspart. Ich gleite und glitsche sicher und relativ gelassen auf den jetzt vor mir auftauchenden Wildrosenstrauch zu.
Housten, wir haben ein Problem! Ich schlage sämtliche Krallen und Schuhspitzen in die Erde und komme kurz vor dem Rosenempfang zum stehen.   
Ruhe. Stille. Qualmend wabert mein Atem über den eingetrockneten A A Haufen eines Weißwedelhirsches, oder wie immer die Dinger heißen. Ich checke die Systeme und rechne mit gebrochenem Kiefer und geborstenen Kniegelenken. Jeder Knochen in mir schreit: „Rufe das Auto mit den blauen Lichtern“.
Ich denke an meine Bekannte, wie sie mir noch vor einigen Tagen auftrug, bei Dunkelheit nicht zu Laufen. Es wäre zu gefährlich und pa pi pa po quak quak.
Mit den männlichen Worten „Pappalapapp, du Sorgenpuddel“, suggerierte ich ihr glaubhaft, jede Situation beim Laufen im Griff zu haben.
Und nu liege ich hier im kalten Dreck. Ich nehme mir vor, ihr ersteinmal nichts von meiner Notlandung zu erzählen und humpelnde Bewegungen in ihrem Beisein zu vermeiden.
Das Aufstehen klappt besser als erwartet. Ich sehe aus wie Roberto Blanco bei der Bundeswehr. Der halbe Wald klebt an mir. Hinkend bewege ich mich zurück zum Ausgang. Ein Reh steht auf dem Weg und flieht nicht. Warum auch? Ich sehe nicht aus wie ein Mensch.
Am Waldrand angekommen gucke ich auf Höhe der Elbbrücken in zwei untergehende Sonnen. 

Keine Fotonachbearbeitung!
Das Bild beweist, dass vor der  alten Elbbrücke 
immer zwei Sonnen untergehen. Was das Laufen alles bewirkt?...

Fußfetischist gesucht!

Vorwort:
Die mit *gekennzeichneten, tierischen Begebenheiten aus der Vogel- und Insektenwelt sind von mir konstruiert. Diese müssen sich aber genau so oder zumindest so ähnlich abgespielt haben…

Ich war mal wieder bei Takko. Obwohl den Takko Klamotten in aller Regelmäßigkeit und meist in peinlichsten Situationen – z. B. während Beisetzungen naher Verwandter – die silbernen Verschlussknöpfe abspringen.
Mit meiner neuen VIP Takko Card bekomme ich öfter solch billige Mode noch billiger. Das Ziel hieß somit: Kaufe passend zu meinen Knitterhemden zwei weiße T-Shirts mit braunem oder schwarzem Aufdruck - und nicht mehr!

Auch dieses Mal habe ich dieses hehre Ziel aus den Augen verloren.
Zu Hause gucke ich nun voller Stolz auf meine neueste Errungenschaft. Knittrig breitet sich eine schwarze Cargo-Hose für 19,00 Euro vor meinen Augen aus. Nur, durch diesen Kauf schaffe ich mir ein neues Problem. Ein Blick in den bekriechbaren Schuhschrank beweißt deutlich: Ich besitze keine passenden Schuhe für meine neue Takko Hose. Gepaart mit weißen Freizeitschuhen sehe ich aus wie ein Wasserläufer, der durch frische Deckenfarbe gestelzt ist. Und mit den gelben Laufschuhen gleiche ich stark einem Maskottchen des BVB Dortmund.  
Ganz weit unten erspähe ich meine alten Lieblings-Alltagsschuhe. Die würden in der Tat zu Schwarz passen.

Meine alten treuen Allrounder.

In der Draufsicht scheinen sie ihre Alltagstauglichkeit bestätigen zu wollen. Mit edler Hell/Dunkelgrau Optik und roten Rallyestreifen lassen sie das Herz eines jeden Trägers im Gelände und Asphalt höher schlagen.
In der Frontalansicht aber macht sich an der rechten Flanke ein klaffender Riss bemerkbar, der es locker mit dem Unfallschaden der Titanic aufnehmen kann.


Meine schönen, schönen Lieblingsschuhe. Zerstört! Allenfalls tauglich, sie über Ebay einem Schuh- oder Fußfetischisten anzubieten. Aber bevor meine Schuhe von einem Fremden aus der Versandschachtel gerissen und wild geliebkost werden, mache ich mir Gedanken, woher ich am frühen Abend passendes Schuhwerk für meine Hose bekomme. Morgen fahre ich zu einer Verabredung nach Hamburg und möchte dort nicht aussehen wie Pan Tau am Ballermann.

 Mehr als ein Bagatellschaden. 
Aber als Schuh- und Fußfetisch bestens geeignet...
        
Es ist 19:00 Uhr und ich beschließe, die beiden neuen Discounter in meiner Nähe abzufahren. Ich schnappe mir mein Fahrrad und radele zum PENNY. Dort angekommen sehe ich einer ganzen Menge von Dingen entgegen, die ich nicht brauche, aber trotzdem kaufe. Nur Schuhe haben sie natürlich nicht. Wie sollte es anders sein. Mit zwei gefüllten Einkaufstüten voll mit Chips, Cola, Tischblumen, Rotwein, Erdnüsschen und Hähnchenherzen begebe ich mich zu dem nochmals drei Kilometer entfernten EDEKA Markt.  
Schon nach der Hälfte des Weges nimmt das Elend seinen Lauf.

*Just in diesem Moment bekommt einige Minuten von mir entfernt eine ausgelassen fröhliche Gruppe fliegender Ameisen die Starterlaubnis auf  Fahrradweg Startbahn Drei.
Weitere fünf Meter entfernt setzt sich auf 11:00 Uhr ein gemischtes Einsatzkommando aus Flugkäfern, Gewitterfliegen und Stechmücken zu einer Versammlung im nahegelegenen Erholungs-Feuchtgebiet in Bewegung.

Die vor mir entstehenden Flugbewegungen bleiben von mir hingegen noch vollkommen unbemerkt. Mit 20 km/h und zwei Tüten Penny-Gepäck am instabilen Fahrradlenker schubber ich eine leichte Steigung herauf. Der Schweiß brennt mir in den Augen. Aber mir ist bewusst, dass das Loslassen des Lenkers zum Zwecke des Augapfelknetens in einer desaströsen Katastrophe enden würde. Noch stärker und schneller trete ich in die Pedale.

*Nur eine Radelminute von mir entfernt ortet eine Gruppe wilder Jungschwalben die Annäherung eines riesigen Insektenschwarms aus Nord/Ost über ihrem Luftraum. Wenige Sekunden später sind die Lenkbürzel einsatzbereit per Schnabelstrich geputzt und die fiepend hungrige Flugstaffel hebt in den bedeckten, aber noch so friedlichen Himmel ab.

Eine halbe Minute entfernt bis zu dem unvermeidlichen Rendezvous mit dem fliegenden Zoo, bestehend aus Schwalben, Flugameisen, Flatterkäfern, Stechmücken und Gewitterfliegen, lasse ich die letzte Anhöhe hinter mir. Jetzt wird es leicht abschüssig und ich nehme Geschwindigkeit auf. Mit ca. 35 km/h schieße ich wie eine Boden/Boden Rakete auf den jetzt nicht mehr weit entfernten Edeka Markt zu.  
Das schnell lauter werdende Piepen und Fiepen in meinem Rücken lässt meine strampelnden Radlerbeine für Sekunden erstarren. 

Nur wenige Zentimeter von meinem vor Schweiß triefenden Kopf entfernt fegt ein vor Hunger bekloppt gewordener Schwalbenschwarm vorbei. Mit schreckgeweiteten Augen fahre ich mit Spitzengeschwindigkeit in die dunkle Wolke summender Insekten.
Wie ein aufgeblasener Frosch tauche ich mit geweiteten Augen in die flatternde, summende und fiepende Umgebung ein. Galant weiche ich den kleinen, summenden Rackern aus.  Der Luftkampf tobt in vollem Ausmaß und die kämpfende Gruppe der Fliegen und Stechmücken verzeichnet bereits schwere Verluste.

Kurz vor meinem Ziel erwischt mich eine auf 10:00 Uhr fliegende Ameise und explodiert förmlich in meinem linken Auge.
Schwer linsenbeschädigt erreiche ich den Discounter und versuche mein Auge von den Fragmenten des noch vor wenigen Sekunden so lebhaften Fluggetiers zu befreien. Die Ameise befindet sich noch in Gänze auf der Pupillenoberfläche. Nur die Einzelteile wie Rumpf und Beinchen verteilen sich wie ein gesprengter Trümmerhaufen über die gesamte Iris.
Bei einigen Gliedmaßen bin ich mir sicher, dass sie während des Augensäuberns noch zucken. Nach acht bis zehn Minuten erscheint die Welt wieder deutlich.

Ich betrete die neue Edeka Welt meines Wohnortes und staune über die Auswahl des Ladens. Natürlich haben sie keine Schuhe. Ich nehme mir ein Kilo italienische Nektarinen, damit ich nicht mit einem leeren Einkaufswagen anstehen muss.
An der Kasse starrt mir die Kassiererin erschrocken entgegen. Starr glotzt sie durch ihre Bleikristallbrille auf mein linkes Auge. Erst jetzt merke ich, wie sich ein kleiner Schatten zärtlich auf meinen Wimpern wiegt.
Ich greife vorsichtig nach dem harten und kugeligen Fremdkörper. Meine Finger treffen auf eine alte Bekannte. Der abgerissene Kopf der fliegenden Ameise hatte sich über meinem linken Auge positioniert und festgehakt.
Ich entferne auch die letzten Fragmente des Getiers und denke beim Bezahlen der Nektarinen an Oma Trude und einen ihrer Belehrungssätze:

„Egal was du zum Essen einkaufst, mein Kind.
Am Ende isst das Auge immer mit!“

Wie Recht sie doch hatte…

Pulleralarm

Meine Bekannte schimpft mal wieder mit mir. Nicht besonders laut und auch meist nur in Gedanken. Aber sie schimpft. Ich würde nicht genug trinken und so. Dabei wehre ich mich mit der Erklärung, dass ich erst gestern den Abend in Ullis Sportsbar verbracht und getrunken hab, was das Zeug hält.
Aber das wäre natürlich nicht gemeint, sagt sie. Ich müsse mindestens zwei bis drei Liter Wasser oder Tee am Tag zu mir nehmen. Sonst trocknet der Körper aus und ich kann mich weder ausreichend konzentrieren, arbeiten, denken, tief schlafen, Sport treiben oder wunschgemäß abnehmen. Damit aber nicht genug, denn…
ganze Körperregionen fallen aus, Organe implodieren, die Haut vertrocknet oder die Libido bleibt für immer verschollen, würde ich mich nicht an einen gesunden Trinkrhythmus gewöhnen.

Wie viel trinke ich wirklich? 
Ein verblüffendes Ergebnis liegt vor mir...

Bevor mir also irgendwelche wichtigen Körperteile wie vertrocknete Kastanienblätter im Herbst vom Rumpf abfallen, nehme ich ihre Warnung ernst.
Vorerst gilt es deshalb festzustellen, wie viel ich tatsächlich pro Tag an Flüssigkeit zu mir nehme. Ich stecke mir ein Zettelchen in die Tasche um tagesaktuell zu protokollieren, wie hoch mein Verbrauch auf 24 Stunden ist.
Nun sitze ich am Ende eines trinkereignisreichen Tages staunend über meinen Auswertungen. Ach Du heiliges Kanonenrohr, das Ergebnis ist klar:

ICH TRINKE ZU VIEL!

Wer hätte das gedacht. Meine Aufzeichnungen sind klar und sauber gegliedert. Ein Irrtum scheint ausgeschlossen. Aber urteilt selbst, was mein akribisch geschriebenes Trinkprotokoll über die letzten sechs Stunden wiedergibt:

10:00 Uhr – 1 Tasse Tee:                          0,1 Liter

11:00 Uhr - 1 Glas Wasser:                      0,2 Liter

12:00 Uhr – 1 Suppe (dünn)
Suppenanteile Fest zu Flüssig 1:10
Gewicht der Suppe: 1 Kilo
Wasseranteil demnach:                             0,9 Liter


15:00 Uhr – 1 Eis
Marke Flutschfinger
Wasseranteil nach der Schmelze:              0,1 Liter


17:30 Uhr – noch ´n Eis
Marke Cola Schluptüte
Wasseranteil nach der Schmelze:              0,2 Liter

Dazu kommt weiter…

Seit heute Morgen um 10:00 Uhr habe ich ca. 16mal geschluckt.
Nur so – ohne Essen im Mund.
Speichelvolumen pro Schluck ca.              0,05 Liter
Das ergibt einen Gesamtspeichel von        0,8 Liter Spucke


Es ist jetzt 18:00 Uhr und diese Rechnung beweißt summa summarum:
Ich habe ganze 2,3 Liter in nur 6 Stunden zu mir genommen.
Schlafen tu ich im Schnitt 6 Stunden pro Nacht.
Das macht im Endergebnis innerhalb 18 Stunden einen Tagesschnitt von

6,9 Liter!

Das ist mehr, als manch Zimmerspringbrunnen im Kreis pumpen kann!!!

Genau 6,9 Liter passen in diese Tassen und Flaschen

Ich trinke viel zu viel. Jetzt wissen wir, warum ich mich oft wie diese grünen Glibber – Ostseequallen fühle, welche im Urlaub immer so zutraulich tot um meine Füße herumwabern.

2518 Liter im Jahr heißt so viel wie, dass ich in 10 Jahren einen ganzen Fischteich leer saufe. Aus Erfahrung weiß ich, dass ich nach 0,3 Liter Input zur Toilette eilen muss. Diese liegt im Schnitt 15 Meter von meinem Trinkareal entfernt.
Ich lege ergo allein für das Wasserlassen innerhalb von 50 Jahren einen Weg von 
2518 Liter : 0,3 Liter x 50 Jahre x 15m = 

6295 Kilometer zurück! 

Ich erpuller mir somit in nur 50 Jahren eine Laufstrecke 
von Hannover bis hinter New York.
Und da sagt man immer, wir Männer würden uns nicht genug bewegen!

Nein, so kann es nicht weitergehen. Bevor ich zum gelben Tintenfisch mutiere, ziehe ich die Reißleine, trinke weniger oder kippe auf jedes getrunkene Glas Wasser einen Sack Basmati Reis.
Denn - mit Verlaub - so viel wie ich, trinkt nicht einmal ein Kamel mit sechs Höckern!
Natürlich bleibt der Protest meiner Bekannten nicht aus. Nur wenige Minuten nach Ergebnisbekanntgabe meines Trinktestes habe ich sie telefonisch über die nackte Wahrheit informiert.

„6,9 Liter!“, sage ich. „Willst Du mich ersaufen?“

Ich warte.
Die Ruhe am anderen Ende der grauen Sprechmuschel währt nur Sekunden.

Ich lasse mir erklären, dass meine Berechnung auf Irrtümern und Wunschvorstellungen beruht. Ich MUSS immer noch mehr trinken, ist ihre Aussage.

Ich blättere während ihrer sprichwörtlichen Zerlegung und Vernichtung meiner genauen Analyse in der Tageszeitung herum und stolper über einen interessanten Artikel auf Seite Neun.  Dieser lautet:

„Muss ich wirklich 3 Liter Wasser am Tag trinken?“


...und weitere Fragen rund ums Wasser


Frei übersetzt steht hier klar und deutlich, dass es nicht nachvollziehbar ist, sich in seinem Leben so viel Flüssigkeit durch den Kopf gehen zu lassen wie der Hoover-Damm in seinem Speicherbecken aufnehmen kann. Dieses führt nur zu Leistungsminderung, Übelkeit und Müdigkeit während der Arbeit, beim Hobby und im Schlafzimmer.
Also – das erste ist mir ja noch egal. Aber dann hört der Spaß auf!

Ich nehme mir vor, auf meine Gesundheit zu achten und nur noch einmal im Monat mehr als einen Liter Flüssigkeit am Tag zu mir zu nehmen. Denn Ullis Sportsbar hätte es nicht verdient, dass ich schon nach einem Bierchen die Rechnung bestelle. Außerdem liegt seine Toilettenlandschaft „nur“ 10 Meter vom Tresen entfernt. Was für eine Erleichterung für die nächsten 50 Jahre!!!
Na denn Prost, meine Lieben!    

Wers nicht glaubt
oder zu viel trinkt,
wird hier gelinkt ;-)…

Eine Zahnfee dreht auf


Es ist achtzehn Uhr und der Drei Vier meldet ein Problem. Mit Drei Vier meine ich nicht etwa das Beiboot vom Zollschiff Möve Null Eins. Nein, nein. Es ist mein Zahn, der seit Jahrzehnten eher unauffällig die übriggebliebene Drecksarbeit der Backenzähne Drei Sieben und Drei Sechs erledigt. Seit Jahren schieben sie die Arbeit unauffällig auf den kleinen Wurzelzwerg ab. 
Aber nun scheint erst einmal Schluss damit zu sein. Der, der in seiner goldenen Jugend selbst die hartnäckigsten Kronkorken von unzähligen Bierflaschen runterreißen konnte, meldet sich eindrucksvoll und schmerzhaft zu Wort. Mitten aus seiner lebensfeindlichen und dunklen Welt aus Essensresten, Verdauungssäften, geifernden Spuckedrüsen und schädlichen Kariessäuren.

Es ist Freitag. Natürlich! Was auch sonst?! Zähne melden immer freitags dem Benutzer ihre Probleme. Niemals montags. Immer nur freitags oder zum langen Osterwochenende auch schon mal samstags. Meistens beinhaltet diese Meldung den Text „Achtung – fremde Wurzelkanal Eindringlinge“. Oder ein Problem mit der Statik, wenn plötzlich ganze Artefakte wie von einer gesprengten Pyramide an einer Zahnkante herunter brechen.
   
Ich reiße die Erste Hilfe Schublade auf der Suche nach Erlösung aus dem Schrank und schaue nach brauchbaren Schmerztabletten. Zäpfchen gegen Erbrechen, Salbe gegen Mückenstiche, Prinzessin Lillifee Heftpflaster, aber keine Medizin, mit der sich mein Zahn wenigstens für das Wochenende ins Koma befördern ließe.
Ich schmeiße ein paar Milliliter hochprozentiges Klosterfrau Melissengeist auf den tobenden Rebell, bis sich kleine Hautfetzen von den inneren Wangen und vom Zahnfleisch lösen. 
Nun tut mir die gesamte Gusche weh. Die ganze scheiß Fressleiste brennt wie eine Raketenabschussbasis in Französisch Guayana. 
Aber der Zahn selbst ist jetzt ruhig. Etwas zu ruhig für meine Begriffe. Vielleicht habe ich ihn sogar getötet. 

***

Nu ist es schon Dienstag und ich bin auf dem Weg zu meinem Zahnarzt. Oder genauer gesagt, zu der Gemeinschaftspraxis, in der er praktiziert. Ich kenne ihn seit Jahren und nenne ihn Doktor Wurst. Doktor Wurst hat Finger in der Größe deutscher Grillbratwürste. Nur ein einzelner Finger seiner Hand füllt meinen Mundraum bereits zur Gänze aus. Bei zweien wird es kritisch und meine Mundwinkel fangen an, einzureißen. Dieses kann bei einem größeren Einsatz zum Problem werden, wenn sich zu seinen Fingern noch ein Bohrer und der röchelnde Spuckesauger der Zahnarzthelferin gesellt.

Aber Doktor Wurst hat heute Urlaub und mein Melissengeistzahn wird bereits von seiner jungen Vertretung erwartet. Eine frisch studierte Zahnrestaurateurin die erst halb so alt erscheint wie der schmerzende Drei Vierer. 

Die von mir naturgetreu nachgestellte Szene 
zeigt die Zahnärztin mit ihrem Ruffel- und Rumpelbohrer.
Den kennen alle...

Um sich herum versammeln sich ihre drei Assistentinnen. Wie Tick Trick und Track formieren sie sich staunend am Kraterrand meines geöffneten Mundraumes.
Nach einer kurzen Untersuchung der gesamten Speisen-Verarbeitungsanlage geht es denn auch schon los. 
Frau Doktor Zahnfee läst den großen Ruffel- und Rumpelbohrer klickend in die Antriebsturbine in ihrer Latexhand einrasten und ihn wie ein Motorrad beim Start einmal kurz aufbrüllen.

RRRRRRRRRiiiiiiiiiiiiäääääääääääärrrrrrrrrrrr

Ein geheimnisvolles Lächeln legt sich um die Lippen der Ärztin. Langsam führt der Weißkittel den Großkopfbohrer an den restlichen Zahnschmelz meines Drei Vierers heran und reißt meinen Kopf dabei in die gewünschte Richtung. Sogleich sammeln sich mehrere gefühlte Kubikmeter von ganzen Spuckeseen im hohlen Rachenraum, der das Geräusch des Bohrers nun wie ein Betonrohr verstärkt.

RRRRRRRRRRRRRRRiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiääääääääääääääääääiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii

Unbarmherzig fräßt sich der grobe Schnellläufer in den Drei Vierer. Einzelne Zahnfragmente schießen aus meiner Mundhöhle heraus und werden von meinen angstgeweiteten Pupillen bei ihrem Weiterflug verfolgt.

„Wenn es irgendwann weh tut, dann bin ich schon sehr weit am Nervenkanal dran. Dann gebe ich ihnen eine Spritze. Sagen sie mir bitte Bescheid, wenn es schmerzt! Ich werde aber versuchen, so wenig tief wie nötig zu bohren“

Mein Mund ist voll. Wie um alles in der Welt soll ich mich artikulieren, wenn es schmerzt? Der Spuckesauger saugt und bläst. Er saugt und bläst und saugt und bläst. Er saugt mir den Mundraum trocken wie ein Schlammsauger für Koiteiche. Gleichzeitig bläst er mir den Eins Sechser kalt, bis er schmerzt. Ich weiß nicht warum er gleichzeitig bläst, aber er tut es.

„Ouuuuoooohhhhh, Ouuuuoooohhhhh“, quellt mein Schmerzschrei undeutlich zwischen den aufgerissenen Kiefern hervor.
„Ouuuuoooohhhhhoooouuuuoooohhhhh!!!“

„Das kann ja noch gar nicht weh tun! Lassen sie uns ruhig noch ein bisschen weiterbohren. Dann haben sie es auch bald geschafft.“, höre ich die Stimme der Ärztin wie hinter einem nebligen Schleier aus Filterwatte.

Auch Tick, Trick und Track haben sich nun in Ekstase gearbeitet. Sie halten mir mit 4 Händen den zitternden Kopf in Position wie in einem Schraubstock. Gleichzeitig drehen sie den Spuckesauger in solch eine Position, sodass er mir direkt mit eiseskalter Luft in ein offenes Kariesloch meines Eins Sechser bläst.

„Ouuuuoooohhhhhooo! Ouuuuuuuuuuoooohhhhhooooooooo!!!“

Ich kriege Panik! Wild ziehen sich die Schmerzen nun durch mein gesamtes Beißgelände. Fast alle 28 Zähne scheinen nun gegen ihren Träger protestieren zu wollen. Nur mein Drei Vierer nicht. Der hat genug zu tun in seinem Kampf gegen den Großkopfbohrer, welcher sich immer weiter wie eine Bergwerksbahn in sein innerstes hineinfräst. Jetzt dreht die Zahnfee erst richtig auf.

RRRRRRRRRRRRRRRiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiääääääääääääääääääiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii
„Ouuuuoooohhhhhoooouuuuoooohhhhh!“
RRRRRRRRRRRRRRRiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiääääääääääääääääääiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii
„Ouuoooouuuuuoooohhhhhoooouuuuoooohhhhhoooooooooo!!!“

Wieder höre ich die Stimme der Ärztin.
„Das kann doch nun nicht sooo schlimm sein. Wir sind auch gleich fertig.“

Warum versteht mich hier eigentlich niemand, geht es mir zäh wie kaltes Labskaus durch den Kopf? Ohne auf mein unentwegtes Hilfegegluckse zu hören, setzt die Zahnfee ihren Kampf gegen den Kariesfraß fort und eine ganze Gischtwolke aus einem Gemisch von Zahnteilen und Bohrerkühlwasser spritzt aus meinem Mund wie aus einem isländischer Geysir.
Ein Tränenschleier zieht sich über meine Pupillen. Vielleicht entsteht er auch von der hochschießenden Gischt aus dem innersten meines Rachens. Ich weiß es nicht!
Plötzlich Stille. Der Bohrer schweigt und auch der verdammte Spuckesauger verendet wie ein toter Salamander unter meinem Gaumen.

„Na? War doch gar nicht so schlimm! Oder?“

Ich vernehme die Worte der Zahnfee, aber verstehe sie nicht.
Tief atme ich durch und spüre mein nass geschwitztes T-Shirt unangenehm auf meiner Brust kleben. 
„Hero Distrikt“ steht in tiefblauen Buchstaben auf dem schwarzen Baumwollstoff. 
Na toll! Besonders heldenhaft war diese Vorstellung ja nicht.

Der immer noch lächelnde Weißkittel füllt mein übriggebliebenes Zahngerüst des Drei Vierers mit einer breiigen Masse, welche mit Hilfe von UV Strahlen in wenigen Sekunden stahlbetonartig verhärtet. 
Damit wurde das Innere meines kleinen Wurzelzwergs wie ein Super Gau im Atomkraftwerk für immer hermetisch geschlossen. 
Und ich hoffe, meine Angst vor Zahnärzten damit auch! Jedenfalls erzähl ich der Ärztin heute nicht mehr vom Loch im Eins Sechser. 
Ich kann gerne warten, bis Doktor Wurst wieder aus seinem Urlaub kommt. 

Ich fummele beim Abschied mit der rechten Hand über meine rechte Jackentasche, und fühle die Konturen. 
Meine Finger zeichnen die Kurven des verdeckten Inhaltes lasziv nach, wie beim knisternden Vorspiel an einer sich dahin räkelnden schönen Frau. 
SIE wird mir und meinem Eins Sechser in den nächsten Tagen die nötige Kraft und Sicherheit geben, bis Dr. Wurst wieder praktiziert. 
Da bin ich mir sicher!
SIE – meine fast noch volle Flasche Klosterfrau Melissengeist.
GANZ sicher!!!...